Die Geschichte des Unendlichen

Ich möchte euch mal einen kleinen Einblick über die Geschichte des Unendlichen geben und greife dabei auf die Themen Kosmos, Ewig, Transfinit und Infinit auf. Wer mit Mathematik oder philosophischen Denken nichts am Hut hat, sollte das lesen besser lassen. Wer es doch macht, dem erwartet am Ende eine interessante Frage.

Unendlich Symbol

Zu Anfang sollte noch der Unterschied zwischen potentiell und aktual unendlich geklärt werden:

Ersteres ist eine Richtung, unendliche Werte werden angestrebt, aber niemals angenommen, letzteres bedeutet die Existenz unendlicher Werte (sogar verschiedener Größe).

Kosmos

Heinrich Olbers (1758-1840), Astronom und Arzt in Bremen, kreierte das Olberssche Paradoxon, indem er unabhängig von Edmond Halley (1656-1742) die einfache Frage aufwarf: Warum ist nachts der Himmel dunkel? Wenn wir Licht aus unendlich vielen Kugelschalen der Dicke \delta r erhalten, so blicken wir in jeder Richtung auf einen Stern, selbst wenn viele von anderen verdeckt werden. Der Nachthimmel dürfte also niemals dunkel werden.

Die Lösung des Paradoxons liegt in der Endlichkeit und in der Expansion des Weltalls begründet. Aufgrund der Endlichkeit können wir nicht beliebig viele Kugelschalen der Dicke \delta r verwenden. Je weiter ein Stern von uns entfernt ist, um so schneller bewegt er sich von uns fort. Daraus resultiert eine auf dem Doppler-Effekt basierende Rotverschiebung des Lichts. Wie der Ton einer sich entfernenden Schallquelle tiefer wird, so wird das bei uns ankommenden Licht energieärmer, weil zum langweiligen, roten Teil des Spektrums hin verschoben, und im Extremfall als Infrarotstrahlung sogar unsichtbar.

Das endliche Weltall wird nicht durch eine Lukrezische Wand begrenzt, sondern es ist ein unbegrenzter gekrümmter Raum, so wie die Kugeloberfläche eine unbegrenzte gekrümmte Ebene ist. Es expandiert seit etwa 13,7*10^9 Jahren und ist damit 4,3*10^{17} Sekunden alt.

Im zweidimensionalen Analogon der Kugeloberfläche könnten wir unser Universum mit einem Luftballon vergleichen, der kontinuierlich aufgeblasen wird. Zweidimensionale Wesen, die auf seiner Oberfläche leben und die Dimension senkrecht dazu nicht wahrnehmen können, stellen fest, dass ihre Welt unbegrenzt ist und wächst. Markierte Punkte entfernen sich beständig voneinander, obwohl auf der Oberfläche kein Zentrum ausgezeichnet ist (vom Lufteinlass mal abgesehen).

Ewig

Auf dem Big Bang könnte ein Big Crunch folgen, der alles wieder von vorn beginnen ließe. Wie war und wie wird es wirklich? Das können wir grob abschätzen, wenn zwei Bedingungen erfüllt sind.

  1. Die physikalischen Gesetze und Konstanten ändern sich nicht.
  2. Die wichtigen Gesetze sind uns bekannt.
Zeit nach dem Big Bang Ereignisse
10^{-44} s Was vorher war, ist unbekannt und wahrscheinlich undefiniert.
10^{-43} s Die Ursuppe besteht hauptsächlich aus Strahlung.
10^{-35} s Die Materie besteht aus Quarks und Leptonen
10^{-10} s Protonen und Neutronen werden gebildet.
1 s Wasserstoff- und Heliumkerne sind im Verhältnis 10:1 gebildet, auch etwas Lithium.
3 Minuten Die Materiebildung ist abgeschlossen.
300.000 Jahre Entkopplung von Materie und Strahlung: Bildung von Atomen. Das bisher opake Weltall wird durchsichtig.
1. Mio Jahre Erste Sterne entstehen, sie synthetisieren schwere Elemente.
700 Mio. Jahre Galaxien haben sich gebildet.
9 Mrd. Jahren Das Sonnensystem entsteht.
14 Mrd. Jahren Atome treten zu Makromolekülen zusammen, die sich für intelligent erklären.

Das Weltall expandiert seit ca. 13,7 Milliarden Jahren. Wie wird es weitergehen? Wird sich das Universum immer weiter ausdehnen, oder kommt es irgendwann zum Stillstand, um wie ein Luftballon, dem die Luft entweicht, wieder in sich zusammenzufallen und in einem Big Crunch zu versinken, aus dem es wie Phöbus aus der Asche durch einen neuen Big Bang wieder entsteht?

Einen Big Crunch könnte nichts und niemand im Universum entkommen. Wenn die Expansion aber ewig währt – könnte das Leben ewig währen?

Jahr Gesellschaftliche Krisen der Menschheit
2040 Eine Bevülkerung von über 10 Mrd. Menschen kann durch die Nahrungsproduktion auf der Erde nicht mehr ausreichend ernährt werden.
2100 Der Treibhauseffekt führt zu eine deutlichen Klimaänderung.
2250 Die fossilen Brennstoffe sowie die Stahlveredler (Cr, Mn, Ni, V) und die Edelmetalle werden erschöpft.
? Schleichende Vergiftung von Luft, Wasser und Boden.

Die größeren kosmischen Katastrophen setzen dem Leben auf der Erde ein sicheres Ende. Die wahrscheinlich erste davon besteht im Aufblähen der Sonne. Massereiche Sterne verzehren sich schnell – wie helle Kerzen – innerhalb von 5 bis 50 Mio. Jahren. Kleine Sterne von etwa einem Zehntel der Sonnenmasse leben dagegen mit 1000 Mrd. Jahren sehr lange. Die Sonne als immer noch vergleichsweise kleiner Stern nimmt einen mittleren Platz ein und besitzt eine Lebensdauer von 12,7 Mrd. Jahren. Das biologische Leben auf der Erde wird wegen der Veränderung der Sonnenaktivität mit Sicherheit nicht ewig währen.

Jahre seit Entstehung der Sonne Entwicklung der Sonne
4,55 Mrd. Heutiger Zustand: Seit Jahrmilliarden unverändert strahlt die Sonne durch Fusion von Wasserstoff zu Helium erzeugte Energie ins All – in jeder Sekunde eine Masse von 4 Mio. Tonnen.
10,9 Mrd. Die Leuchtkraft L der Sonne erreicht das 2,2-fache der heutigen Leuchtkraft L_0. Der zentrale Wasserstoff ist erschöpft.
11,64 Mrd. Die Sonne bläht sich zum roten Riesen auf, L = 2,7*L_0
12,23 Mrd. Der Sonnendurchmesser erreicht das 165-fache des heutigen Wertes von 1,4 Mio. km. Dadurch steigt die Leuchtkraft auf L = 2300*L_0.
12,37 Mrd. Auch die Fusion von Helium zu Kohlenstoff verlischt. Die Sonne wird zu einem weißen Zwerg.

Vorraussagungen sind immer unsicher, besonders dann, wenn sie die Zukunft betreffen.
Niels Bohr

Jahre seit Entstehund des Universums Die Zukunft des Universums (sehr spekulativ)
16 Mrd. Milchstraße und Adromeda-Galaxie verschmelzen. Aufgrund der rießigen Abstände zwischen den Fixsternen hat das aber keine Auswirkungen.
20 Mrd. Die Erdoberfläche glüht. Sie Sonne verliert Masse. Dadurch vergrößert sich die Erdbahn bis zu heutigen Marsbahn, und die Erde entkommt knapp der Vernichtung. Werden die Jupitermonde bewohnbar?
10^{13} Es gibt sauerstoffreiche Sterne mit isolierender Eiskruste.
10^{14} Die meisten Sterne sind verloschen. Es gibt braune Zwerge, weiße Zwerge, Neutronensterne, schwarze Löcher. Durch Kollision kalter Körper enstehen hier und da rote Zwerge. Ein schwaches rötliches Glimmen erfüllt den Weltraum – mit weniger Leuchkraft in der ganzen Galaxis als unsere Sonne zur Zeit besitzt. Alle 10^{12} Jahre erleuchtet eine Supernova den Raum für einige Wochen (verursacht durch eine Kollision weißer Zwerge) oder ein Stern wird geboren.
10^{15} Die Erde wird bei einer Kollision der Sonne mit einem anderen Stern von der Sonne getrennt. (Es gibt eine gewisse Wahrscheinlichkeit dafür, dass dieses Ereignis innerhalb von 1 Billiarde Jahren erfolgt.)
10^{20} Andernfalls stürzt die Erde in die Sonne, da sie durch Gravitationsstrahlung ihre Energie in 100 Trillionen Jahren aufgezerrt hat.
10^{20} - 10^{24} Die Galaxien lösen sich auf. Ihre Sterne entschwinden, „verdampfen“ nach und nach in den dann riesigen intergalaktischen Raum – andere stürzen in schwarze Löcher.
10^{32} - 10^{42} Der Protonenzerfall (wenn er denn vor sich geht) liefert Energie für weiße Zwerge: Ein Stern strahlt etwas stärker als eine Glühbirne, 400 Watt. Die Oberflächentemperatur sinkt unter 0,01 Kelvin. Masse wird dabei in Strahlung umgewandelt, sehr langsam zwar, aber in riesigen Zeiträumen doch nennenswert.
10^{65} Aufgrund des Tunneneffektes verhält sich die Materie selbst im tiefgekühlten Universum wie eine Flüssigkeit. Keine Form ist beständig.
10^{65} - 10^{100} Die schwarzen Löcher verdampfen. Die Temperatur liegt unter 10^{-10} Kelvin. Wenn ein schwarzes Loch stirbt, gibt es ca. 10^{24} Joule an heißer Strahlung ab, weniger als 1% der Sonnenstrahlung einer Sekunde.
danach Alle gewöhnliche Materie ist vergangen. Es gibt Photonen mit riesigen Wellenlängen, Elektronen und Neutrinos mit riesigen Abständen, Postronium-Atome mit Radien, die größer sind als das heutige Universum.

Mit einer Strategie immer längerer Winterschlafphasen, in denen der Metabolismus auf tiefer Temperatur ruht und lediglich Abwärme von einer Antenne höherer Temperatur entsorgt wird, könnte Leben und Bewusstsein nach dem Rezept 2 = 1 + \frac{1}{2} + \frac{1}{4} + \ldots im Prinzip ewig währen!

Aber vielleicht sind uns die wichtigsten physikalischen Gesetze noch gar nicht bekannt – und alles verläuft anders.

Transfinit

In der Mengenlehre geht man heute davon aus, dass die Existenz einer Bijektion auch bei unendlichen Mengen die Gleichheit der Elementzahl beweist.

Ein bekanntes Beispiel für das paradoxe Ergebnis einer Bijektion mit unendlichen Mengen liefert Hilberts Hotel, das nach oben unendlich ist.

Georg Cantor (1845 – 1918), Professor in Halle, gilt als begründer der transfiniten Mengenlehre. Er definiert jede Menge, die in Bijektion mit der Menge N der natürlichen Zahlen gebracht werden kann, als eine abzählbar unendliche Menge und schreibt ihr die „Mächtigkeit“ oder „Kardinalzahl“ \aleph_0 (aleph null) zu. Die Menge aller geraden Zahlen und die Menge aller Quadratzahlen sind abzählbar unendliche Mengen. Sie alle besitzen dieselbe Mächtigkeit. Ihre Kardinalzahl, durch Absolutstriche bezeichnet, ist \mid{gerade Zahlen}\mid = \mid{Quadratzahlen}\mid = \aleph_{0}. Eine unendliche Menge ist daran erkennbar, dass sie in eine Bijektion mit einer ihrer Teilmengen gebracht werden kann. Cantors zweites Diagonalverfahren basiert, wie man aus Briefen weiß, auf einer Idee von Paul Du Bois-Raymond (1831 – 1889). Das Verfahren zeigt – und das ist wohl Cantors originäre Leistung – für die meisten Mathematiker überzeugend, dass die Mächtigkeit der Menge \mathbb{R} aller reellen Zahlen größer ist als \aleph_{0}. Der Beweis erfolgt durch Widerspruch. Man nimmt an, dass alle reellen Zahlen in eine Liste aufgeschrieben werden können. Die Zeilen sind mit natürlichen Zahlen n nummeriert. Die Annahme, wäre sie richtig, würde zeigen, dass eine Bijektion \mathbb{R}\iff\mathbb{N} exisitert.

Ein zweiter Beweis dazu macht Gebrauch von der Potenzmenge P(\mathbb{N}) der natürlichen Zahlen. Siehe Beweis von Hessenberg.

Cantors transfinite Mengenlehre steht und fällt mit der Möglichkeit der Wohlordnung. Um einer Menge eine Kardinalzahl zuweisen zu können, muss sie so angeordnet werden können, dass jede ihrer Teilmengen ein erstes Element besitzt. Für jede Teilmenge der natürlichen Zahlen oder der ganzen Zahlen ist diese Forderung automatisch erfüllt, wenn man die Teilmengen nur in ihrer natürlichen Reihenfolge, nämlich der Größe der Zahlen oder ihrer Beträge nach anordnet. Diese Mengen sind also wohlgeordnet. Die Menge der Punkte des offenen Intervalls (0, 1) dagegen macht Schwierigkeiten. Es gibt für 0 < x < 1 kein kleinstes und damit sich selbst als erste Zahl einer Wohlordnung anbietendes Element.

Earl Bertrand Russell (1872 – 1970) hat ein Paradoxon gefunden, das ein Problem darstellt. Um dieses Problem etwas anschaulicher zu gestalten, wollen wir ein Adjektiv als „prädikabel“ bezeichnen, wenn das Wort die Eigenschaft selbst besitzt, die es angibt. „Prädikabel“ kann also eine Kurzbezeichnung für „die eigenen Eigenschaften beschreibend“ verstanden werden. In der folgenden Tabelle sind links einige Adjektive aufgeführt, die sich selbst beschreiben, rechts dagegen andere, deren Aussage auf sie selbst nicht zutrifft.

prädikabel imprädikabel
häufig ölig
abstrakt beliebt
alt neu
verständlich unverständlich
kurz superkurz
superbandwurmähnlich lang
unsymmetrisch symmetrisch
wohlklingend duftend
schwarz rot

In welcher Spalte gehören die als Überschriften verwendeten Wörter? Das Wort „prädikabel“ beschreibt alles, was sich selbst beschreibt, also beschreibt es auch sich selbst; „prädikabel“ ist prädikabel. Die paradoxe Frage lautet nun: Ist das Wort „imprädikabel“ imprädikabel? Wenn es sich selbst beschreibe, so hieße und wäre es imprädikabel – und das bedeutet, es wäre ein Wort, das sich nicht selbst beschreibt, so ist das Wort „imprädikabel“ genau das, was es aussagt (nämlich imprädikabel) und diese Eigenschaft nennen wir prädikabel. Also beschreibt es sich selbst, und wir stehen wieder am Anfang.

Infinit

Da es sich bei Cantors zweitem Diagonalisierungsverfahren um einen Unmöglichkeitsbeweis handelt, dürfen die Form der Folge, also die Liste, und das Änderungsverfahren nicht vorgegeben, also nicht eingeschränkt werden. Man kann nun das Versagen der Methode durch ein bestimmtes Verfahren demonstrieren.

Alle reellen Zahlen des Intervalls [o, 1] können in dieser Form als Binärzahlen in der Form eines Baumdiagramms dargestellt werden. Da für jede Ziffer zwei Möglichkeiten bestehen (0 oder 1), verdoppelt sich die Anzahl der als verschieden erkennbaren Anfangsabschnitte der reellen Zahlen des Intervalls mit jeder Ebene. Die Stellen, an denen sich Ziffern befinden, bezeichnet man als Knoten. Die unendlich lange Darstellung einer reellen Zahl, wie z.B. 0,000… oder 0,010101… heißt Pfad. Die Zahl aller Knoten im gesamten Baumdiagramm ist abzählbar unendlich. Die Anzahl aller Pfade entspricht der Anzahl aller reellen Zahlen des Intervalls [0,1] und diese ist nach der Mengenlehre überabzählbar. Die Anzahl der Pfadabschnitte auf jeder Ebene ist aber identisch mit der Anzahl der Knoten auf dieser Ebene. Und wie man aus dem Grundelement des binären Baumes unschwer erkennt, kann ein Pfadabschnitt sich nur dann teilen, wenn ein Knoten vorhanden ist. Die Anzahl der unterscheidbaren Pfadabschnitte kann demnach nicht größer als die Anzahl der Knoten sein. Die Gültigkeit dieser Feststellung wird auf keiner Ebene des Baumdiagramms aufgehoben. Die Entstehung von mehr Pfaden als Knoten ist damit auf jeder endlichen Ebene ausgeschlossen – und andere Ebenen gibt es nicht.

Daraus folgt: Georg Cantors Mengenlehre ist Phantasiegebilde ohne Realitätsbezug und ohne jedes theoretisches Fundament.

Schlagt mich nicht für meine Behauptung. Wenn euch das Thema interessiert. Bildet euch eure eigene Meinung, liest viele Bücher darüber und versucht Cantors Mengenlehre zu beweisen.

So und nun zu einer kleinen, aber durchaus interessanten Frage meinerseits und ich hoffe ich bekomme doch wenigstens eine Antwort darauf.

Ein Barbier in einem kleinen Dorf rasiert alle Männer, die sich nicht selbst rasieren. Wer rasiert den (männlichen und also mit Bart ausgestatteten) Barbier?